Interview Herr Rieck (29. November 2016)

Alex N.: Ich muss diese Frage unbedingt stellen: Sie waren alt genug, als die Mauer gefallen ist. Hofften Sie auf ein vereintes Deutschland? Was haben Sie damals empfunden?
Holger Rieck: Ich kann dir sagen was ich jetzt empfinde: Dass die Mauer 10 Jahre zu spät gefallen ist. Für mich. Für mich persönlich. Ich war damals 30. Mein Leben war schon vorprogrammiert. Wäre man 20 gewesen, dann hatte ich noch überlegt, was ich studieren werde. Vielleicht wäre ich trotzdem Lehrer geworden, vielleicht auch nicht. Die Auswahl war aber sehr stark, zu stark eingeschränkt. Und ich glaube, ich wäre in die USA gegangen. Im Oktober, als die Mauer gefallen ist war ich in Washington. Ich glaube, dass wenn die Einheit 10 Jahre eher gekommen wäre, wäre ich als Lehrer in die Staaten gegangen. Oder ich hätte eine Reise durch Australien gemacht. Schon als Kind hatte ich in meinem Zimmer eine große Karte, die ich in die DDR geschmuggelt habe, die war aus einem Büro von AirFrance aus Budapest. Das war eine Riesenkarte. Dann habe ich so mit Stecknadeln immer daraufgesetzt wo ich war und wohin ich reisen wollte. Die Karte habe ich immer noch. Im Moment fehlt mir nur Kalifornien.

Alex N. & Felicia N.: Sie haben noch Zeit. Noch viel Zeit.
Holger Rieck: Ja sicher. Aber die Welt, so wie sie jetzt ist, habe ich zumindest auf allen Kontinenten schon einmal bereist. Einschließlich der Antarktis.